Wo erhalten Sie Rat und Hilfe, wenn es Probleme mit dem Jobcenter oder bei der Sozialhilfe gibt? Wer hilft beim Ausfüllen von Formularen? Wer hört sich auch mal Sorgen oder Schwierigkeiten an und begleitet Sie zu Behördenterminen?
Die SOS-Sozialsprechstunde wurde von Menschen gegründet, die Erfahrungen mit Hartz4 und jetzt mit Bürgergeld gemacht haben.
(v.l.n.r.) Peter Eickmann (Kasse), Anja ElFechtali (Vorsitzende), Karlheinz Hofmann (stellvertretender Vorsitzender)
Der Verein bietet:
Aktuell:
Über Weihnachten hat die Sozialsprechstunde geschlossen.
In Notfällen (!) sind wir per e-mail erreichbar (siehe oben) oder telefonisch: Von 10 bis 16 Uhr unter der Nummer 0175 3561805
Letzte Sprechstunde im alten Jahr: 22. Dezember 2022
Erste Sprechstunde im Neuen Jahr: 16. Januar 2023
Zum Forum waren 105 Gäste gekommen. Dr. Butterwegge erläuterte die Ursachen von Armut und zeigte auf, dass soziale Ungleichheit ernste Folgen für die Gesellschaft hat. Abgehängte Menschen verlieren das Interesse an demokratischer Beteiligung. In seinem Vortrag zeigte er, dass die Ursache sozialer Ungleichheit in der ungerechten Verteilung von Vermögen und der Steuerentlastung besonders der Hypervermögen liegt. Kapitalismus ist eine Wirtschaftsform, die diese Ungleichheit erzeugt.
Aus dem Publikum gab es zahlreiche Diskussionsbeiträge. Und auch Musik durfte nicht fehlen: Der Chor "Links spielt die Musik" sang zusammen mit "Dynamo Frankfurt" Lieder von Bertolt Brecht und Hanns Eisler. Zuletzt gab es einen Run auf die Bücher, die Dr. Butterwegge mitgebracht hatte.
Die Ampelkoalition hat sich am 22. 11. 2022 mit CDU/CSU auf eine Hart4-Reform verständigt. Das Bürgergeld wird kommen. Geändert wird aber nur der Name. Vom Kernstück der Reform, die geringfügige Erleichterungen für Leistungsberechtigte bringen sollte, ist nach der Blockade des Gesetzes durch CDU/CSU im Bundesrat am 14. November so gut wie nichts übriggeblieben.
Das Sanktionsregime soll unverändert bestehen bleiben. Die geplante »Vertrauenszeit« von einem halben Jahr, in der »nur« Terminverstöße mit zehn Prozent Kürzung bestraft werden sollten, ist vom Tisch, erklärten Regierungs- und Unionsparteien am Dienstag. Wer seine Mitwirkungspflichten verletzt, sich also nach Einschätzung des Fallmanagers im Jobcenter nicht eifrig genug um den nächstliegenden Drecksjob bemüht, soll vom ersten Tag an mit zehn Prozent Kürzung bestraft werden. Im zweiten Monat sollen ihm 20 Prozent, ab dem dritten Monat 30 Prozent gestrichen werden. Von einem Existenzminimum wohlgemerkt, das zu tief angesetzt ist. 725 Euro wären das absolute Minimum, zeigen nachprüfbare Berechnungen des Paritätischen Sozialverbands; mit dem Bürgergeld ist eine Erhöhung um 53 auf 502 Euro geplant.
Für reihenweise Hartz4-Bezieher wird die Einführung des Bürgergelds sogar eine Verschlechterung bedeuten. In der Coronakrise hatte die Regierung Merkel (CDU/CSU und SPD) eine Karenzzeit für Hartz4-Neuankömmlinge beschlossen, die jetzt zum Jahresende ausläuft. Diese Regelung besagte, dass Neuankömmlinge bei Hartz4 zwei Jahre lang keinen Zwangsumzug fürchten mussten und in dieser Zeit betrug das Schonvermögen bis zu 60.000 Euro. Die Verstetigung dieser Karenzzeiten wäre die zweite Säule des mickrigen Bürgergeld-Gesetzes gewesen. Aber sie wurde in den Verhandlungen mit CDU/CSU noch mal auf halbe Höhe gestutzt. Bürgergeld-Bezieher werden nun also schon nach zwölf Monaten aus Wohnungen fliegen, die für unangemessen erachtet werden. Und sie dürfen auch nicht mehr zwei Jahre lang 60.000 Euro Vermögen behalten, sondern nur ein Jahr lang die Hälfte.
Die Unionsparteien sind zufrieden. CDU-Chef Friedrich Merz zeigte sich überrascht, zu welch weitgehenden Kompromissen die Ampelregierung bereit gewesen ist. Alexander Dobrindt, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe, erklärte: »Wir haben in den Verhandlungen schwere Systemfehler im Hartz4-Update, das ja missverständlich als Bürgergeld bezeichnet wird, also schwere Fehler im Hartz4-Update beseitigen können.«
Merz hatte vor der Einigung in der Pose eines rechten Arbeiterführers nach unten getreten: Jedem Bürgergeld-Bezieher müsse es noch einmal deutlich schlechter gehen als dem ärmsten Niedriglöhner, war sein Mantra. Tatsächlich haben in der Bundesrepublik seit den Hartz-Reformen vor 20 Jahren massenhaft Zeitarbeiter, Minijobber und Scheinselbständige nicht viel mehr auf der Hand als das (Nicht-mal-) Existenzminimum.
Bundeskanzler Olaf Scholz nahm den Bürgergeld-Kompromiss am 22. 11. 2022 bei einem »Wirtschaftsgipfel« in Berlin erfreut zur Kenntnis. Man werde »jetzt eine ganz große Sozialreform beschließen«, verkündete der Sozialdemokrat. »Das ist jetzt in einer Art und Weise formuliert worden, wo, glaube ich jedenfalls, die Regierungsparteien alle drei für sich sagen können: Sie sind damit sehr zufrieden. Ich hoffe, auch die Opposition wird das sagen, und dann ist ja alles okay.«
Der Bundesrat hat inzwischen dem Bürgergeld-Gesetz zugestimmt.
Am 13. Dezember 2022 findet um 19 Uhr in der Friedberger Stadthalle das fünfte Forum des Vereins "Linke Hartz4-Hilfe Wetterau" statt. Thema ist die wachsende Armut. Der bekannte Armutsforscher Dr. Christoph Butterwegge wird dazu informieren und diskutieren.
In Hessen stieg die Armutsquote auf 18,3 Prozent. Die Kinderarmut liegt bei 25 Prozent. Schon lange ist Armut keine Randerscheinung mehr. Die Inflation und hohe Energiekosten verschärfen die Situation. Als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung hat.
Über Armut wird kaum gesprochen. Es gibt keine ausreichenden Programme für bezahlbaren Wohnraum, für gute Löhne oder absichernde Sozialleistungen. Mehr als 70 Prozent der Menschen, die Hartz4 erhalten, arbeiten im Niedriglohnsektor und können ihre Lebenshaltungskosten nicht decken. Und dann müssen sich die Betroffenen auch noch anhören, sie seien arbeitscheu und faul. Arrogante Politiker mit satten Monatseinkommen geben Spartipps. Als ob arme Menschen nicht am Besten wüssten, wie sie ihre mageren Euros einteilen müssen. Als ob arme Haushalte nicht schon in den vergangenen Jahren an der Heizung gespart hätten. Überheblichen Spott brauchen sie nicht auch noch!
Es wird Zeit, dass Armut nicht mehr totgeschwiegen wird! Es wird Zeit, dass die Diskriminierung der Betroffenen aufhört! Es wird Zeit, dass Forderungen an die Politik gestellt werden!